
Ballempfang? Wer da an Fußball denkt, liegt gar nicht so falsch. Aber trotzdem sehr weit weg von dem, worum es unserem Autor Thomas Beutelschmidt vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam geht, wenn er von „Ballempfang“ spricht.
Denn der „Ballempfang“ ist ein schönes Beispiel für die teils unkonventionellen Wege, die Fernsehmacher und -techniker während des Kalten Krieges oft nahmen, um ihrem Publikum über die Systemgrenzen hinweg spannende Übertragungen, etwa von wichtigen Fußballspielen, zu liefern. Dabei wurden Ausstrahlungen in der Regel ausländischer Sender auf regulärem Wege terrestrisch empfangen und dann sofort ins eigene Programm eingespeist. Technisch jederzeit möglich und vor allem, ohne dass dies vom eigentlichen Urheber des Programms hätte verhindert werden können. Vor allem Fernsehmacher der DDR machten sich diese technische Krücke zuweilen auch zu Nutze, um internationale Übertragungen anbieten zu können, für die auf dem offiziellen Weg keine Einigung erzielt werden konnte. Was für die Zuschauer von Vorteil war, sorgte auf politische Ebene aber nicht selten für erhebliche Verstimmungen, nicht zuletzt, weil die Urheber der Übertragungen die Gelegenheit gern nutzten, um politische Botschaften zu übertragen, wenn sie die illegale Weiterleitung ihres Programms selbst schon nicht verhindern konnten. Als etwa die ARD realisierte, dass das DDR-Fernsehen DFF ihre Übertragung des Fußball-WM-Finalspiels 1962 zwischen Brasilien und der Tschechoslowakei unabgesprochen via Ballempfang übernahm, blendete sie im Programm folgende Schriftzüge ein: „Das Ost-Fernsehen stielt diese Sendung vom Sender Freies Berlin“ und „Mit dieser Übertragung vom Sender Freies Berlin ignoriert die Zone die Mauer. Wir danken für unsere Landsleute in der Zone.“
Diese Durchlässigkeit des Eisernen Vorhangs, sowohl für politische Botschaften, als auch für technische und inhaltliche Zusammenarbeit und Austausch zwischen den beiden Machtblöcken untersucht Beutelschmidt ausführlich und multiperspektivisch in seinem Buch „Ost – West – Global. Das sozialistische Fernsehen im Kalten Krieg“, das voraussichtlich im Mai diesen Jahres bei uns erscheint. Das Buch ist Ergebnis des DFG-geförderten Projekts „Grenzüberschreitungen. Internationaler Programmaustausch als interkulturelle Kommunikation zwischen West- und Osteuropa am Beispiel des DDR-Fernsehens“. Wir freuen uns drauf.