
Vor einigen Tagen hat unser Stamm- und Lieblingsbuchladen Kapitaldruck in Leipzig geschlossen. Leise und ohne große Worte. Wir stehen da und sind ebenso traurig wie wütend, weil uns mit dem Kapitaldruck viel mehr fehlen wird als nur eine Bücherverkaufsstelle.
Seit fast zehn Jahren hat René mit Kapitaldruck in Leipzig ein feines, gut sortiertes Repertoire an politischen Büchern, Büchern, die Alternativen denkbar machen und einfach schönen Büchern angeboten. Er kannte jedes seiner Bücher im Regal und auch seine Stammkunden so gut, dass er selbst in schwierigsten Fällen ratloser Suche nach dem besonders Schönen oder Interessanten Rat wusste. Er versuchte, den kleineren Leipziger Verlagen ein Forum zu bieten und sie ins Gespräch zu bringen, nahm jedes Jahr am Programm des Indiebookdays teil und machte den Laden damit von Anfang zu einem Statement für Vielfalt und die Stimmen jenseits des Mainstreams. Daneben gab es ausgezeichneten Kaffee, Lesungen und Buchvorstellungen und so schaffte René mit Kapitaldruck vor allem einen Ort des Austauschs. Das war wohl das wichtigste. Vor allem am ersten Standort am Rossplatz ist es ihm so gelungen, einen absoluten Un-Ort neu zu beleben. Ganz nebenbei war das der Ort, an dem die erste Auflage des Kapitals gedruckt wurde. Und so wie Kapitaldruck daher am Anfang für eine Utopie stand, wurde er zum Schluss wohl auch der Grund für das Ende dieses Ortes: „Der Druck des [mangelnden – müsste man wohl ergänzen] Kapitals war von Anfang an immer sehr groß“, schreibt René in seinem Abschiedspost, und letztlich konnte der Laden nie genug erwirtschaften, um die darin investierte Arbeit auch nur annähernd abzubilden.
Dass Kapitaldruck schließt, ist symptomatisch für eine bereits seit Jahren andauernde Entwicklung. Man könnte jetzt sagen „Ja, so ist das eben bei diesen kleinen Läden. Die halten sich fast nie.“ Das zweite stimmt sicher. Umso mutiger war es, den Versuch zu wagen. Aber „so ist das eben“ nicht zwangsläufig, es ist nur so, weil wir es zulassen. Auch jetzt wieder erklären viele, die von der Schließung des Kapitaldrucks erfahren, wie schade das alles sei. Ihr nächstes Buch bestellen sie dann aber dennoch online anstatt in den Buchladen um die Ecke zu gehen. Weil es so bequem sei, sagen sie dann (manchmal zumindest mit einem leichten Gefühl des Ertapptseins). Das klingt erstmal verständlich aber eben nur erstmal. Jede und jeder, der in einer zumindest mittelgroßen Stadt lebt, kommt dann und wann an einem Buchladen vorbei, oft ganz ohne Umwege. Und es lohnt sich, hineinzugehen. Nicht nur, weil es dort eben auch Beratung und Programm gibt, sondern vor allem, weil man dort beinahe jedes Buch schneller oder zumindest genauso schnell wie im Onlinehandel bekommt. Und dank Buchpreisbindung auch zum gleichen Preis. Der Infrastruktur der Grossisten (also des Zwischenbuchhandels) sei Dank, ist beinahe jedes lieferbare Buch am nächsten Morgen im Laden. Außerdem muss dann auch kein unterbezahlter Paketdienstbote mit seinem Transporter für nur ein kleines Büchlein zu uns fahren, die Straße verstopfen, die Abgase in die Luft pusten und die Nachbarn nerven, damit sie das Paket für uns annehmen. Und selbst wenn man erst nach Ladenschluss auf die Idee kommt, dass man ein Buch kaufen möchte, kann man das lokal tun. Auf Portalen wie etwa genialokal.de kann man ganz einfach ein Buch online in seine Buchhandlung des Vertrauens bestellen.
Es könnte so einfach sein. Das Geld bliebe vor Ort und würde die Menschen dort ernähren, unsere Städte wären vielfältiger, lebendiger und mehr als eine uniforme Ansammlung der immer gleichen Läden. In ländlichen Regionen mag es anders aussehen. Aber in Städten gibt es keine einzige lumpige Begründung, Bücher nicht im lokalen Buchhandel zu erwerben.
Gepflegt Bücher kaufen kann man in Leipzig zum Beispiel hier:
Belletristik und Allgemein: Drift, Buchhandlung Südvorstadt, Wörtersee und Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Bücherwurm
Kinder: Serifee
Politisches Buch: el libro
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